Freitag, Juli 14, 2006

Unsere Liebe Frau vom Ahorn - 4

Das Marienbild in segensvoller seraphischer Hut

Neben diesem leidgeprüften Marienkinde Anna Maria Enzler ist Kapuzinerpater Eberhard Walser die um die Ahorngnadenmutter verdienteste, historisch sichergestellte Persönlichkeit.
In wahrhaft seraphischer Marienminne gehütet, blieb nun das kostbare Kleinod durch beiläufig 30 Jahre bei P. Eberhard. Die Verdienste dieses Kapuziners rechtfertigen es vollauf, die Ahornfreunde näher mit ihm bekannt zu machen.

P. Eberhard Walser wurde geboren am Frühlingsheiligkreuztag, den 3. Mai 1837, im stattlichen Oberländerdorf Flums. Zwei Schwesterchen, Barbara und Regina, begrüßten entzückt ihr willkommenes Brüderlein Johann Peter. Der Vater, ein begüterter Bauer, diente dem Kanton St. Gallen als Verfassungsrat und starb schon 1856. - Johann Peter treffen wir 15jährig an der Kantonsschule St. Gallen, später am Kollegium in Schwyz. Am 14. Oktober 1858 weihte er sich Gott und dem seraphischen Orden durch die heilige Profeß in Zug. Zu einer ausnehmenden Feierlichkeit gestaltete sich die Primiz. Ganz gegen den damaligen Provinzgebrauch durfte er in seiner Heimatgemeinde das hochheilige Estlingsopfer darbringen. Wegen außerordentlichen Volksandranges von nah und fern mußte die Feier unter freiem Himmel gehalten werden. Als geistlicher Vater und Festprediger erbaute der berühmte Kapuzinerprovinzial P. Anizet Regli von Andermatt die über 2200 köpfige Beterschar. - Das erste Wirkungsfeld für P. Eberhad wurde Appenzell,von 1861 bis 1868. In diese Zeit fällt sein Pfarrvikariat in Rorschach, die Rorschacher wollten ihn dann gleich als Pfarrer behalten. Ähnlich ging es nachher im st.gallischen Berg, hier wurde er sogar Ehrenbürger. In Appenzell machte er seine segensreiche Vorschule als Christenlehrer in Steinegg und in der Lank, als gesuchter Beichtvater und als unermüdlicher Berater und Tröster in allen möglichen Anliegen für Leib und Seele, Haus und Stall. Anfangs 1868 befiel den gotterleuchteten Apostel und Beter eine schwere Krankheit. Längere Zeit schwebte er zwischen Leben und Tod. Die Sorge um seine Rettung bewog offenbar Anna Maria, die der Segen der Ahornmutter so oft stärkte, dem teuren Seelsorger aus Dank und Vertrauen das Gnadenbild zu schenken. Und Maria hat geholfen. P. Eberhard genas wieder. - Am Wundmalfest des seraphischen Vaters Franziskus, den 17. September 1869, rief ihn der Gehorsam nach kurzem Aufenthalt in Wil nach Mastrils, einem eine schwache Stunde hoch ob Landquart gelegenen Antoniuswallfahrtsort. Die Obern setzten das ganze Vertrauen auf den 32jährigen P. Eberhard; er sollte die schweren Krisen in Pfarrei und niederliegender Wallfahrt überwinden. Der Erfolg zeigte, wie die Obern mit seiner Berufung vom Heiligen Geist geleitet waren. P. Eberhards Klugheit und Gottvertrauen stellten Frieden und religiösen Geist der Gemeinde sichtlich her. Die Antoniuswallfahrt begann zu blühen, die Pilger mehrten sich. Immer deutlicher erwies sich der Pater als weiser Ratgeber und erfolgreicher Beter. Zu Tausenden kamen Heimgesuchte und Leidgeprüfte in allen möglichen Anliegen. Prälaten und Professoren suchten Rat, Geschäftsleute und Bauern hofften auf seine Hilfe; alt und jung, Gesunde und Kranke pilgerten hinauf zum "heiligen Vater", so wurde er nämlich von Mund zu Mund, sogar auf Postadressen genannt.
Der Verfasser hatte selber das Glück, als junger Rhetoriker beim "Wundermann" zu weilen und Zeuge zu sein, wie er trotz belagertem Sprechzimmer noch für seraphische Gastfreundschaft Zeit zu finden wußte.
Das Geheimnis seiner "Gotteskraft" und oft wunderähnlichen Erhörungen - freut euch, liebe Ahornpilger -, das war eure, damals noch seine Ahornmadonna! Nie öffnete er einen Brief in Gegenwart anderer. Er zog sich dann zurück zu seinem göttlichen Freund im Tabernakel und immer wieder zu seinem "Lieblingsschatz", dem Gnadenbild!

Pater Eberhard Walser, OFMCap
P. Eberhard war gar kein Freund photographischer Aufnahmen. Als man eine solche von der "Muttergottes im Ahorn" anfertigte, lockte ihn kluge List in deren Nähe. Damit wurde uns das Bild gesichert: Maria vom Ahorn und ihr seraphischer Hüter.
Indessen machten sich immer mehr Stimmen bemerkbar für die Heimkehr der Ahornmutter, zumal auch der Kapellenbau ernstlich in Frage gezogen wurde, so daß sich ihr Hüter schweren Herzens damit abfinden mußte, dem Drängen nachzugeben. Es mag die Madonna selber geheimnisvoll gesagt haben: "Bruder, ich möchte heim, laß mich ziehen! Ich werde dir aber immer nahe sein. Vertrau mir!"
Der damalige Ahornbesitzer, Kirchenpfleger Sutter, nahm für die Wiedergewinnung des Gnadenbildes seinen in höchstem Ansehen stehenden Schwiegervater, Landammann und Ständerat J. B. E. Rusch, zu Hilfe. Dieser schrieb von Bern aus, wo gerade Bundesversammlung stattfand, am 10. Juni 1880 an P. Eberhad: "... Es ist dem Besitzer der Weide Ahorn die Kunde geworden, daß sich das Bild in Ihren geehrten Häden befinde. So sehr sich der Besitzer genannter Weide einerseits glücklich schätzt, das verehrungswürdige Bild so gut aufgehoben zu wissen, liegt ihm andererseits doch nicht ganz recht, daß sich in besagter Weide kein Zeichen früherer Pietät mehr vorfindet, und er ist nicht unschwer zu dem Versprechen veranlaßt worden, an schönster Stelle besagter Liegenschaft eine Kapelle errichten zu lassen, falls ihm das ursprünglich am Ort gestandene Bild wiederum (zu besagtem Zwecke) überlassen würde.
Ich begreife wohl, daß es Ihnen Bemühungen verursachen mag, sich von dem Bild zu trennen; der höhere Gedanke jedoch, dadurch den Bau und den Unterhalt einer Kapelle in unseren Weiderevieren zu sichern und zugleich dadurch das Andenken einer altehrwürdigen Einsiedelei im besten Sinne wieder aufzufrischen, wird Sie wohl eher zu einem Ja, als zu einer Abweisung des gewiß löblichen und opferfreudigen Unternehmens stimmen..." (Originalbrief im P. A.)
P. Eberhard war zur Herausgabe des Bildes bereit, wenn wirklich eine Kapelle gebaut würde, in der man die hl. Messe lesen könne. Diese Bedingung stieß auf Widerstand in Appenzell; für zehn Jahre verlief die Sache im Sande.
Auf alle Fälle verfaßte der Pater eine schriftliche Erklärung in dem Sinne: "Sollte die Kapelle je in einen unwürdigen, ihrem Zwecke nicht mehr entsprechenden Zustand verfallen, oder sonst sich etwas ereignen, was die Verehrung dieses Bildes an diesem Orte hindern oder verunmöglichen würde, so hat das titulierte Kapuzinerkloster Appenzell allzeit das Recht, das Bild als sein Eigentum zu betrachten und darüber zu verfügen, respektive dasselbe wegzunehmen." (P. A. 17.7.1895).
P. Eberhard wirkte durch 37 volle Jahre in Mastrils. Ein unerschütterliches Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, treueste Verschwiegenheit, rührende Genügsamkeit, beispiellose Gastfreundschaft zeichneten diesen Mann Gottes aus. Mitten in die Mastrilserzeit fiel der Tod seiner 84jährigen Mutter, die ihm durch Gebet und Opfer wertvolle Hilfe bot. Dann folgte für ihn als sicherstes Zeichen wahrer Auserwählung und Gottesliebe eine gut fünfjährige Passionszeit verdemütigender, seelenrettender Krankheiten und Leiden, bis er am 12. Februar 1911 im Kreise barmherziger Brüder des Johannesstiftes Zizers und befreundeter Priester den Flug in die ewige Heimat nahm. In einem triumphalen Leichenbegängnis fand er mit dem Segen der Kirche die irdische Ruhe.

"Und wenn ich stumm und starr dann liege,
so sprecht zum Segen über mich:
Du liegst im Tod auch nicht verlassen,
Dein Heiland sieht herab auf dich!"

So hatte er unbewußt sein eigenes Grablied gedichtet.

Fortsetzung

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