Dienstag, Juli 18, 2006

Die Ackerkapelle


Digitalfotoaufnahme von Heinz Hongler, August 2006

Die jüngste der "Maria-Hilf"-Kapellen der Pfarrei Appenzell steht auf einem Grundstück, das früher Lehensgut war und somit dem Fürstabt von St. Gallen gehörte. Gebaut wurde sie 1901.
Die Kapelle Maria-Hilf im oberen (früher: im kurzen) Acker, Hinterlehn, Gehrenberg, mißt gemäß Jakob Signer 13 m2. Über ihren Bau heißt es auf einer Tafel im Innern:
"Im Jahre 1900 hat Johann Baptist Speck in Schwende diese Kapelle erbauen lassen - 50 Jahre zuvor hatte er, von argem Drüsenleiden behaftet, an dieser Stelle geruht und in seiner Not mit Vertrauen die Hilfe unserer lieben Frau angerufen. Alsbald wurde ihm Linderung und nach 14 Tagen volle Genesung von der langjährigen Krankheit zu teil."
Es dürfte sich bei diesem Joh. Bapt. Speck um den damaligen Besitzer des oberen Ackers gehandelt haben; die Familie Speck kam noch vor 1800 zu dieser Liegenschaft, die bereits im Missale von Appenzell um 1300 verzeichnet ist. 1829 kaufte sie Josef Speck, 1865 Johann Baptist Speck. 1910 kam sie dann auf einer freiwilligen Versteigerung an Johann Baptist Broger, Grund, Gonten, 1918 an dessen Sohn Johann Josef. Verwalter der Kapelle ist seit mehreren Jahrzehnten (seit 1948) Franz Broger-Breitenmoser, Zweibrücken, Gais. Wie er nicht ohne Stolz betont, mußte sie noch nie renoviert werden, hauptsächlich deswegen, weil jedes Jahr kleinere Unterhaltsarbeiten ausgeführt werden.
Die Kapelle, die am Feldweg vom Hinterlehn zum Saul liegt, ist gemäß dem Kunstdenkmälerband über Innerrhoden ein "einfacher Bethäuschentypus". Geweiht wurde sie an einem Maisonntag, nachmittags um 15 Uhr (am 19. Mai 1901). der Altar wurde im Jahre 1908 erstellt, und zwar von Johann Knechtle, Dachdecker in Schlatt, und von Johann Koster, Unterstein, Enggenhütten. Zwei Altarleuchter stammen aus der Zeit der Renaissance; sie werden dem 16. Jahrhundert zugeordnet. Der Kreuzweg in der Kapelle wurde in den dreißiger Jahren von Familie Sutter-Speck, Rapisau, gestiftet.
Wie Franz Broger zur Geschichte ergänzend zu erzählen weiß, baute Joh. Bapt. Speck die Kapelle erst, nachdem er einen Wink von oben erhalten hatte. Speck, ein "Kopflissepes", stürzte nämlich von der Heubühne und brach sich dabei ein Bein - da erinnerte er sich des Versprechens, das er ein halbes Jahrhundert zuvor im jugendlichen Alter von vielleicht 20 Jahren getan hatte.
Im Mai wird übrigens immer noch jeden Sonntag abend eine Maiandacht gehalten, um 18 Uhr, und zwar bei "jedem Wetter", wie Franz Broger betont.


Digitalfotoaufnahme von Heinz Hongler, August 2006

Abgeschlossen sei dieser Beitrag mit einem Gedicht an die Muttergottes, das sich auf der "Gründungstafel" findet.

Wer rief Dich nie vergebens,
Maria, hoffend an?
Du, Mutter alles Lebens,
Du brichst des Todes Bann!
Du trägst auf Mutterarmen
den größten Wunderheld,
Die Gnade, das Erbarmen,
den Trost der ganzen Welt.
Aus: Licht und Freude aus dem Glauben, 1994, Herausgeber: Pfarrei- und Kirchenrat St. Mauritius, Appenzell

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